01.05.2024

Habecks neuer Wirtschaftsplan klingt kraftvoll - wären da nicht grüne Denkfehler

Einen Wumms plant Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, weder einen einfachen noch einen doppelten. Aber „wuchtig“ soll sein Programm schon sein, mit dem er die Unternehmen entlasten will.

Damit unterscheidet sich der Grüne vom sozialdemokratischen Kanzler. Der verzichtet wenigstens darauf, weiterhin Wachstumsraten wie in den 1950er- und 1960er-Wirtschaftswunderjahren anzukündigen.

Scholz und die „Turnaround-Jahre“

Dafür erklärte Olaf Scholz kürzlich allen Ernstes, die ersten zwei Jahre seiner Regierungszeit wären - wirtschaftlich gesehen -"Turnaround-Jahre" gewesen. Pech nur, dass in der Wirtschaft das niemand gemerkt hat.

Habeck hingegen nennt die Wirtschaftslage nicht mehr desolat, betont aber, das Land brauche Investitionen und Innovationen. Dabei soll der Staat helfen – mit einem „kurzfristigen, aber wuchtiges Entlastungsprogramm, einem steuerliches Entlastungsprogramm“.

Da ist Habeck eigentlich ganz nahe bei seinem Kabinettskollegen von der FDP, dem Bundesfinanzminister. Christian Lindner und die Freien Demokraten haben sogar einen 12-Punkte-Plan für eine „Wirtschaftswende“ beschlossen.

Habeck und Lindner: so nah und doch so weit auseinander

In einem Punkt sind sich die beiden keineswegs besten Freunde einig: Die Unternehmen brauchen steuerliche Erleichterungen - und sind doch meilenweit voneinander entfernt.

Denn Lindner will die Förderung des Wachstums auch durch Einsparungen finanzieren, Habeck setzt dagegen allein auf neue Schulden. Anders ausgedrückt: Lindner will das bei Einhaltung der Schuldenbremse bewerkstelligen, Habeck durch höhere Schulden.

Bei einer Veranstaltung in Kassel geriet Habeck geradezu ins Schwärmen: „Wenn ich jetzt also könnte, wie ich wollte, dann würde ich sagen: Lass uns den Stier bei den Hörnern packen und jetzt investieren wir.“

Und weiter: „Die Investitionen von Bau bis neue Anschaffungen für die Maschinen, die könnt ihr auch abschreiben.“ Dann lohne es sich, wieder in Deutschland zu investieren – dank des mit Schulden finanzierten Entlastungsprogramms.

SPD und Grüne wollen Schulden machen

Für Habeck wie für die Sozialdemokraten steht fest: Ohne neue Schulden – ob im Bundeshaushalt oder auf dem Umweg über Sondervermögen - geht in diesem Land nichts mehr.

Diese Schuldenpolitik ist politisch bequem. Wer all das, was der Staat auf Kosten der Steuerzahler für die Bürger ausgibt, als quasi überlebensnotwendig betrachtet, der braucht über Einsparungen nicht nachzudenken.

Habecks Denkfehler: Die Einnahmen sind nicht das Problem

Dabei hätte gerade der Bundeswirtschaftsminister die Pflicht, ernsthaft über die zahllosen staatlichen Subventionen nachzudenken. Natürlich würden die „Opfer“ entsprechender Streichungen aufschreien. Aber wo steht denn, dass das politische Geschäft einem Bällebad gleicht?

Habeck könnte mal mit Paus reden

Falls Habeck es nicht wissen sollte, kann er sich bei Lindner darüber sachkundig machen, wie reichlich unsere Steuerquellen sprudeln. In diesem Jahr wird der Fiskus 965 Milliarden Euro an Steuern einnehmen, ein Plus von 82 Prozent gegenüber 2010.

Falls die Steuerschätzer Recht behalten, werden die Steuereinnahmen bis zum Jahr 2025 sogar auf 1.107 Milliarden Euro ansteigen. Das wäre dann fast eine Verdoppelung innerhalb von 15 Jahren (plus 92 Prozent).

Da kann von öffentlicher Armut selbst unter Berücksichtigung der Preissteigerungen keine Rede sein. Selbst die energischsten Befürworter von Steuererhöhungen werden nicht ernsthaft behaupten wollen, das finanzielle Volumen der vom Staat zu stemmenden Aufgaben hätte sich seit 2015 verdoppelt.

Falls Habeck es ernst meint mit seinen Plänen für ein „wuchtiges steuerliches Entlastungsprogramm“, könnte er auch mit seiner Parteifreundin Lisa Paus reden. Und dabei der Familienministerin den Plan ausreden, mit der Kindergrundsicherung einen Anreiz zum Nicht-Arbeiten zu setzen.

Ein höherer Mindestlohn wäre Gift für die Wirtschaft

Der Wirtschaftsminister könnte ebenso die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, ins Gebet nehmen. Die hat gerade gefordert, den Mindestlohn von 12,41 Euro im nächsten Jahr auf 14 Euro und bis 2025 auf knapp 15 Euro zu erhöhen.

Von 12 Euro Anfang 2023 auf 15 Euro 2025 entspräche einem Plus von 25 Prozent. So hoch sind in keiner Branche die Tariflöhne angehoben worden. Ein solcher Kostenschub stünde Habecks Wunsch entgegen, Investitionen müssten sich hierzulande wieder lohnen.

Es spricht für Habeck, dass er die Lage der Wirtschaft nicht einfach gesundzubeten versucht wie der Kanzler. Aber ein ausschließlich über Schulden finanziertes Wachstum engt künftige Spielräume des Staates ein oder mündet in noch höheren Steuern. Eine solide Wachstumsstrategie ist das nicht.

(Veröffentlicht auf www.focus.de am 1. Mai 2024)


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