10.09.2018

Der „Willkommensrausch“ hatte einen grünen Anstrich

Wer, wenn nicht Generalsekretäre, dürfen gerade im Wahlkampf zuspitzen? Markus Blume von der CSU hat das jetzt gegenüber den Grünen getan. Er macht die Öko-Partei „mitverantwortlich für den Aufstieg der AfD“, wirft ihr vor, die Gesellschaft durch ihre „Intoleranz gegenüber der Mehrheitsgesellschaft“ zu spalten.

Nun gibt es für den Aufstieg der AfD als Sammelbecken von Rechtspopulisten, Nationalkonservativen, Rechtsradikalen und Neonazis viele Gründe. Die Tatsache, dass viele Menschen das Gefühl haben, die AfD spreche aus, was man bisher angeblich nicht sagen durfte, gehört sicher dazu. Zwar war es in diesem Land auch in der Zeit „vor der AfD“ niemandem verboten, zu sagen, was er denkt. Aber es herrschte beim Thema Flüchtlinge und Integration doch ein „politisch korrektes“ Meinungsklima. Schon das Wort „Asylant“ war quasi verboten, weil es angeblich negativ besetzt ist. Asylbetrug sollte nicht Asylbetrug genannt werden, weil damit alle Asylbewerber diskriminiert würden; dasselbe galt für Ausländerkriminalität. Aus Gründen der „political correctness“ wurde und wird in Polizeiberichten die Nationalität von Tätern mit ausländischen Wurzeln gern verschwiegen. Und nach Kölner Vorfällen in der Silvesternacht 2015/16 versuchten überregionale Zeitungen ebenso wie öffentlich-rechtliche Anstalten tagelang totzuschweigen, was nicht ins schöne Bild von der uns bereichernden multikulturellen Gesellschaft passte.

Die Illusion, dass uns durch die Flüchtlingsströme „Menschen geschenkt“ wurden, wie die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt schwärmte, ist nicht allein von den Grünen genährt worden. Aber sie haben kräftig daran mitgewirkt. Auch leugneten und leugnen viele grüne Politiker, dass es Grenzen für die Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft gibt. Dort, wo sie mitregieren, haben die Grünen auch meistens alles getan, dass möglichst niemand abgeschoben wurde – im Widerspruch zur Rechtslage. Der Auslöser für den Aufstieg der AfD war 2015 zweifellos die von der Kanzlerin eingeleitete und von allen Parteien – außer der AfD – mitgetragene Politik, Flüchtlinge unkontrolliert und unbegrenzt ins Land zu lassen. Aber die Grünen standen zudem in vorderster Front, jede Kritik an dieser Politik als ewiggestrig, als rechts oder gar rassistisch abzutun. Der „Willkommensrausch“ hatte einen grünen Anstrich. Er teilte das Land in Gute und Böse, wobei die Befürworter offener, unkontrollierter Grenzen natürlich die Guten waren. Das hat viele Menschen, die sich von den Bundestagsparteien nicht mehr vertreten und nicht mehr verstanden fühlten, in die Arme der AfD getrieben.

Blume hat also recht, wenn er den Grünen vorwirft, die Spaltung in unserem Land „wesentlich vertieft“ zu haben. Ob es allerdings klug ist, so über eine Partei zu sprechen, mit der die CSU in Berlin eine Jamaika-Koalition bilden wollte und die Bayern sogar für eine Regierungsbildung gebraucht werden könnte, steht auf einem anderen Blatt.

Veröffentlicht auf www.focus.de am 10. September 2018.


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