07.07.2016

In vielen Medien genießen linksextremistische Verbrecher einen Bonus

Der unkontrollierte und ungesteuerte Zustrom von Flüchtlingen hat im vergangenen Jahr nicht nur eine außergewöhnlich große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ausgelöst. Zu Tage gefördert hat er auch niedrige Instinkte: üble Hetze gegen Ausländer, menschenverachtende Übergriffe und Anschläge. Das schlägt sich im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2015 nieder, der in der vergangenen Woche vorgestellt wurde. Darin ist die Rede von einem "exorbitanten Anstieg rechtsextremistischer Gewalt" und von "enthemmter Hetze im Internet". So weit, so schlecht.

Entsprechend fiel das Medienecho aus. „Radikaler und gewaltbereiter: Rechte Szene wächst“ schrieb die „Frankfurter Rundschau“. Und weiter: „Es läuft nicht schlecht für die rechte Szene. Das vergangene Jahr hat den Neonazis und Fremdenfeinden der Republik ein neues Thema beschert. Sie nutzten die Flüchtlingskrise mit Wucht für ihre Zwecke, für eine lautstarke Agitation gegen Asylbewerber und Hetze gegen alles Fremde. Es gelang ihnen, mehr Anhänger und Sympathisanten zu gewinnen - und neues Selbstbewusstsein. Die Szene wächst, und sie ist gewaltbereiter denn je. Das ist einer von mehreren beunruhigenden Befunden im neuen Verfassungsschutzbericht.“

Auf „tagesschau.de“ und bei „heute.de“ lauteten Überschriften übereinstimmend: „Verfassungsschutzbericht: Rechte Szene wächst und neigt zu Gewalt“. Die „Frankfurter Allgemeine“ berichtete unter der Überschrift „Drastischer Anstieg rechtsextremer Gewalttaten“: „Politisch motivierte extremistische Gewalt hat in Deutschland im vergangenen Jahr massiv zugenommen und neue Dimensionen im Internet erreicht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz spricht in seinem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Jahresbericht 2015 vor allem von einem „drastischen Anstieg“ rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten – sie stiegen um mehr als 42 Prozent auf 1408 Fälle.“

Die Rechtsextremen haben Zulauf, und sie werden gewalttätiger. Das ist die traurige Wahrheit – aber nicht die ganze. Denn gleichzeitig hat im vergangenen Jahr auch die Gewaltbereitschaft der Linksextremisten deutlich zugenommen. Das aber erfuhr nur, wer die entsprechenden Artikel bis zu Ende las, und selbst dann nur bruchstückhaft. Denn der Anstieg der rechtsextremistischen Taten wird in den meisten Redaktionen offenbar für gefährlicher und verdammungswürdiger angesehen als die wachsende Gewalt von Linksaußen. Dabei wird mehr oder weniger unterschlagen, dass es am ganz linken Rand viel mehr politisch motivierte Gewalt gibt als am ganz rechten. So widmete die FAZ in ihrem Artikel über den Verfassungsschutzbericht der linksextremistischen Gewalt nur einen Satz.

Wer den Verfassungsbericht genauer anschaut, stößt auf Fakten, die sich in der Berichterstattung nur unvollständig niederschlugen. So ist die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten 2015 auf 1.408 (2014: 990) angestiegen, also um 42 Prozent. Die linksextremistisch motivierten Gewalttaten stiegen von 995 auf 1.608, also um 62 Prozent. Auch beim „rechtsextremistischen Personenpotenzial“ gab es einen Zuwachs auf 23.850 (22.150). Dass die Verfassungsschützer die potenziellen linksextremistischen Gewalttäter – trotz eines leichten Rückgangs – auf 26.700 schätzen, ging in der Berichterstattung weitgehend unter. Während die Medien – zu recht – den gewalttätigen Rechtsextremismus beklagten, maßen sie den folgenden Fakten weniger Bedeutung bei:

1) Es gab 2015 mehr links- als rechtsextremistische Gewalttaten, nämlich 1.608 gegenüber 1.408.

2) Der Anstieg bei den politisch motivierten Gewalttaten war „links“ mit 62 Prozent deutlich höher als „rechts“ mit 42 Prozent.

3) In diesem Land sind deutlich mehr potenzielle linksextremistische Gewalttäter unterwegs als rechtsextremistische (26.700 gegenüber 22.600).

Dies alles war so deutlich so nur selten zu lesen, zu sehen und zu hören. Das lässt sich wohl nur mit dem einseitigen Blickwinkel vieler Journalisten erklären: Rechtsextremistische Gewalttaten sind ganz schlimm, linksextremistische hingegen dank der tendenziell edleren Motive der Täter eher zu ertragen. Dabei ist es doch ganz einfach: Wer andere Menschen aus politischen Motiven beleidigt, ihnen physische Gewalt antut oder sie gar mit dem Tod bedroht, der ist ein Verbrecher, ganz gleich ob er dies völkisch oder rassistisch begründet oder als Kampf gegen Ausbeutung und für eine gerechtere Gesellschaft glorifiziert. Jedes Verbrechen dieser Art ist eines zu viel. Doch warum fällt es großen Teilen der Medien nur so schwer, Gleiches gleich zu behandeln?

Veröffentlicht in „Tichys Einblick“ vom 6. Juli 2016 und „Huffington Post“.


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