09.05.2015

Von Verantwortung und alter Stärke

Kein Krimi-Autor hätte erfinden können, was sich in Deutschlands größter und einst angesehenster Bank, der Deutschen Bank, derzeit abspielt. Von den beiden Vorstandsvorsitzenden musste einer, Anshu Jain, zugeben, dass eine ihm unterstehende Abteilung massive Zinsmanipulationen begangen hat. Die Strafe für die Bank: 2,5 Milliarden Euro. Der andere, Jürgen Fitschen, steht zusammen mit vier Ex-Vorständen und Ex-Aufsichtsräten vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, in einem Schadensersatzprozess gelogen zu haben. Zugleich suchen Fitschen und Jain – wieder einmal – nach einer neuen Strategie. Die Deutsche Bank will 200 von mehr als 700 Filialen schließen und sich von der erst 2010 erworbenen Postbank bis Ende 2016 trennen.

Das alles hat Wirkungen weit über die Finanzbranche hinaus. Man muss die Herren in Nadelstreifen in ihren Hochhaus-Palästen nicht mögen: Aber die deutschen Unternehmen brauchen eine international agierende deutsche Großbank, für den weltweiten Handel und bei ihren Auslands-Investitionen. Die örtlichen Sparkassen können ihnen da nicht helfen. Deshalb hofft man auch im politischen Berlin, dass die Deutsche Bank wieder zu alter Stärke zurückfindet. Denn unter den größten Banken der Welt ist sie auf Platz 44 abgestiegen.

Auch für 14 Millionen Kunden ist es wichtig, wie es mit der Postbank weitergeht. Arbeitnehmer, Rentner, Studenten und Schüler wickeln hier ihre ganz normalen Geldgeschäfte ab: Girokonto, Sparplan, Ratenkredit, Riester-Rente oder Aktienfonds. Für diese 14 Millionen ist nicht so entscheidend, ob die Postbank an die Börse gebracht oder von einer anderen Bank komplett übernommen wird. Viel wichtiger ist, dass aufgrund langfristiger Mietverträge zwischen Postbank und der Deutschen Post kein großes Filialsterben droht. Die Postbank dürfte auf absehbare Zeit „die Bank um die Ecke“ bleiben.

Ebenso spektakulär wie in der Deutschen Bank geht es auch am Berliner Großflughafen BER zu. Fast drei Jahre nach der geplatzten Eröffnung gibt es noch immer keinen verbindlichen Termin für die Aufnahme des Flugbetriebs: Herbst 2016, Frühjahr 2017, noch später? Da demonstriert jetzt wenigstens Berlins neuer Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), dass er den Ernst der Lage bei Berlins wichtigstem Infrastrukturprojekt erkannt hat. Er wird, anders als angekündigt, nicht aus dem BER-Aufsichtsrat ausscheiden, sondern den Vorsitz übernehmen. Natürlich kann und soll der Regierungschef nicht den Bauleiter spielen. Aber er übernimmt, indem er im Gegensatz zu seinem brandenburgischen Kollegen Dietmar Woidke (SPD) im Aufsichtsrat bleibt, politische Verantwortung. Gut so!

Erstveröffentlichung: SUPERillu Nr. 20/2015 vom 7. Mai 2015


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