07.02.2015

Die griechische Machtprobe

Noch nie hatte eine neue Regierung einen so rüpelhaften und anmaßenden Einstand wie das Bündnis aus sozialistischer Syriza und den nationalistisch-antisemitischen „Neuen Griechen“. Athen will Auslands-Schulden nicht mehr bedienen und wirft den Vertreter der „Troika“ (EU, EZB und Währungsfonds) aus dem Land. Die Regierung beschimpft ihre Geldgeber und insbesondere die Deutschen aufs Übelste („Viertes Reich“), fordert von ihnen zugleich Milliarden-Geschenke. Und der Verteidigungsminister löst mit einem Hubschrauberflug über eine Insel, die von Griechen wie Türken beansprucht wird, einen türkischen Kampfjet-Einsatz aus.

Wahlsieger Alexis Tsipras und seine deutschen Bewunderer von der Linken müssten es eigentlich wissen: Die griechische Misere ist nicht das Ergebnis eines EU-Diktats; Korruption und Vetternwirtschaft beruhen nicht auf Bundestags-Beschlüssen. Dass Griechenland wirtschaftlich so heruntergekommen und so arm ist, haben die Griechen ganz allein zu verantworten.

Die Griechen haben gewählt. Doch ihr Votum verpflichtet die Steuerzahler anderer Länder zu gar nichts; internationale Verträge werden durch einen Regierungswechsel nicht ungültig. Ende Februar braucht Athen frische Milliarden zur Refinanzierung seiner Schulden. Die bekommt es aber nur mit Hilfe Brüssels. Tsipras tut dagegen so, als stünden neue Geldgeber Schlange. Sein neuer Freund Putin wäre jedenfalls nicht in der Lage, dem Land substantiell zu helfen. Russland steckt nämlich selbst in größten Schwierigkeiten.

Die EU will vermeiden, dass der Euro wegen der Athener Geisterfahrer auseinanderbricht. Aber Brüssel kann die griechische Misswirtschaft der vergangenen Jahrzehnte nicht mit einem großzügigen Schuldenerlass belohnen. Es wäre ein Schlag ins Gesicht der Spanier, Iren und Portugiesen, die mit ihren harten Reformen weiter sind als die Griechen. Und es wäre eine Steilvorlage für die EU-Gegner in den anderen Schuldnerländern.

Europa steht vor einem brutalen Nervenkrieg. Tsipras spekuliert darauf, dass der EU ein Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone viel wert ist. Brüssel wiederum baut darauf, Tsipras werde sein Land nicht aus dem Euro und in die Pleite treiben. Doch eines ist sicher: Die Griechen würden unter einem „Grexit“ viel stärker leiden als die übrigen Euro-Staaten.

Erstveröffentlichung: SUPERillu Nr. 07/2015 vom 5. Februar 2015


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