02.01.2015

2015 – 25 Jahre nach der Wiedervereinigung

Es ist ein Vierteljahrhundert her, eine halbe Ewigkeit. Wer heute 35 Jahre und jünger ist, hat an das Einheitsjahr 1990 kaum eine Erinnerung. Aber vielen, die die Wiedervereinigung bewusst miterlebt haben, kommt es vor wie gestern.

Was für ein Jahr, was für eine rasante Abfolge von historischen Ereignissen! Am 18. März die erste Volkskammerwahl, bei der wirklich gewählt werden durfte, im Juni der Beginn des endgültigen Abrisses der Mauer, die Einführung der D-Mark in der DDR zum 1. Juli, der Beitritts-Beschluss der Volkskammer vom 23. August, die Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags durch die einstigen Alliierten UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich sowie die beiden deutschen Teilstaaten am 12. September in Moskau, die staatsrechtliche Wiedervereinigung am 3. Oktober, die ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen am 2. Dezember und, und, und.

Eine unpolitische, aber nicht unwichtige Erinnerung: Am 19. Dezember 1990 trat zum ersten Mal eine gesamtdeutsche Fußballnationalmannschaft an (4:0 gegen die Schweiz). Mit dabei: Andreas Thom (kam vom BFC Dynamo zu Leverkusen) und Matthias Sammer (von Dynamo Dresden zu Stuttgart). Sie blieben nicht die einzigen herausragenden DDR-Fußballer im DFB-Trikot.

Kurz nach dem 25. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November steht uns jetzt ein Jubiläums- und Gedenkjahr mit einem prall gefüllten Kalender geschichtlicher Daten bevor. Eine Chance für alte wie neue Bundesbürger, sich mit den damaligen Ereignissen auseinanderzusetzen, Fakten zu überprüfen und Vorurteile zu revidieren.

Eines stört mich jedoch schon heute: Dass ausgerechnet der 25. Geburtstag des vereinten Landes in Hessen gefeiert wird. Denn ich halte den „Wanderzirkus“, der die Spitzen von Staat und Gesellschaft an jedem 3. Oktober in ein anderes Bundesland führt, für einen ziemlich verkorksten Beitrag zum Föderalismus. Die zentrale Einheitsfeier gehört dorthin, wo die Teilung am schmerzlichsten empfunden und der Fall der Mauer am freudigsten begrüßt wurde – nach Berlin.

Jenseits der Politik ist 1990 für mich das Jahr, in dem ich meine höchste Wettschuld begleichen musste – zwölf Flaschen einer ebenso bekannten wie teuren Champagner-Marke. Und das kam so: 1984 hatte ein Stahlmanager von der Ruhr die These aufgestellt, noch vor dem Jahr 2000 werde die deutsche Teilung überwunden sein. Seine Begründung: Der Ostblock einschließlich der Sowjetunion falle wirtschaftlich immer weiter zurück. Deshalb werde die Moskau seine „Satelliten“ nicht länger bevormunden können. Meine Fantasie reichte für dieses Szenario nicht aus und so kam es zu dieser Wette. Doch noch nie habe ich mich über eine verlorene Wette so sehr gefreut wie über diese.

Erstveröffentlichung: SUPERillu Nr. 2/2015 vom 31. Dezember 2014


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