13.09.2014

Der Kalte Krieg ist zurück

Der Kalte Krieg ist zurück. In den Geschichtsbüchern wird eines Tages stehen, der „2. Kalte Krieg“ zwischen dem Westen und Russland sei 2014 nach der völkerrechtswidrigen Annektion der Krim durch Russland ausgebrochen. Nach einer 25-jährigen Periode der Zusammenarbeit drohen abermals ständige Spannungen und Feindseligkeiten zwischen Moskau und der Nato. Die verschärften Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Moskau belegen dies. Auch die strategische Partnerschaft zwischen Russland und der Bundesrepublik besteht nicht mehr – faktisch aufgekündigt durch Moskau. Auf dem Nato-Gipfel in Wales hat das Bündnis Partei ergriffen – für die Ukraine und gegen Russland. Aber die Nato hat nicht auf Eskalation gesetzt. Die Ukraine wird weder in das Bündnis aufgenommen noch kann sie auf Waffen aus dem Westen hoffen. Das ist anders als im 1. Kalten Krieg: Der Westen hofft auf ein baldiges Ende.

Die Nato hat auf ihrem Gipfel die „rote Linie“ aufgezeigt. Sollte Putin russische Soldaten „als Urlauber“ in die baltischen Staaten zu schicken, um für die „Autonomie“ der russischstämmigen Minderheit zu kämpfen, wäre das für die Nato der Bündnisfall. Hatten zwischen 1946 und 1989 die Atomwaffen auf beiden Seiten ihre abschreckende Wirkung entfaltet und so den Frieden erhalten, steht jetzt eine schnelle Eingreiftruppe der Nato bereit, um den Nato-Mitgliedern mit Grenzen zu Russland notfalls beizustehen.

Deutsche „Putin-Versteher“ versuchen die Aggression des Kreml-Zaren als Antwort auf eine angeblich systematische Einkreisung Russlands durch die Nato zu rechtfertigen. Was für ein fadenscheiniges Argument! Seit der Nato-Russland-Akte von 1997 hat Moskau beim Nato-Hauptquartier einen militärischen und diplomatischen Stab, sozusagen eine Botschaft. Seitdem wird Russland von der Nato regelmäßig konsultiert. Eine Einkreisungspolitik der Nato sähe anders aus. Ohnehin hat die Nato mit Rücksicht auf Moskauer Sicherheitsinteressen Georgien nicht aufgenommen.

Wie lange der neue Kalte Krieg dauern wird, hängt in erster Linie von Putin ab. Sollte er versuchen, sich nach der Krim auch noch den Osten der Ukraine dauerhaft einzuverleiben und weiterhin von einem „Neu-Russland“ phantasieren, werden die Spannungen sich verschärfen. Das sind keine schönen Aussichten, auch nicht in wirtschaftlicher Hinsicht. Am düstersten ist die Perspektive für die russische Bevölkerung. Die wird „im Kampf gegen den kapitalistischen Imperialismus“ den Gürtel noch enger schnallen müssen – wie schon während des 1. Kalten Kriegs. Dem Milliardär Putin dürfte das gleichgültig sein.

Erstveröffentlichung: SUPERillu Nr. 38/2014 vom 11. September 2014


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