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16.03.2012

Wie der Fukushima-Gau die Welt verändert hat

Die Katastrophe von Fukushima hat die Welt den Atem anhalten lassen. Sie hat auch den Krenkraftgegnern weltweit Aufrieb gegeben. Nur: Die Welt verändert hat dieser Gau nicht.

Das zeigt ein nüchterner Blick auf die Zahlen: 60 neue Atomreaktoren sind weltweit derzeit im Bau, weitere 163 in der Planung. Vor Fukushima befanden sich 62 im Bau und 156 in der Planung. Die Kernschmelze in Japan hat den Drang zur Kernkraft nicht einmal gedämpft.

Das ist für jeden, der sich nicht allein von den schrecklichen Bildern beeinflussen ließ, auch nachvollziehbar. Rein rational betrachtet hat Fukushima an der Sicherheit oder Unsicherheit anderer Meiler nichts geändert. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein schweres Erdbeben und ein Tsunami gleichzeitig einen GAU auslösen, ist an den meisten Kraftwerk-Standorten gleich null.

Kein anderes Land hat freilich so radikale Konsequenzen aus Fukushima gezogen wie wir. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit deutscher Gründlichkeit die Kehrtwende um 180 Grad vollzogen: acht Meiler wurden sofort stillgelegt, die restlichen gehen bis 2022 vom Netz.

Es darf bezweifelt werden, dass die Kernkraft-Befürworterin Angele Merkel im Lichte der japanischen Ereignisse tatsächlich zu einer Neubewertung der Risiken gekommen ist. Diese „Physikerin der Macht“ erkannte messerscharf, dass der überwiegend irrationalen Kernkraft-Angst der Wähler anders nicht beizukommen ist. Fukushima war für Merkel ein willkommener Anlass, die CDU vom Etikett der strikten Pro-Atom-Partei zu befreien. Glaubwürdig war das freilich nicht; die Landtagswahl im CDU-Stammland Baden-Württemberg ging dennoch verloren.

Der Spruch, „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen zu betreiben“, ist selten so nachdrücklich bestätigt worden wie beim deutschen Atomausstieg. Andere Europäer schauen eher kopfschüttelnd zu. Die Schweizer nehmen zwar auch Abschied von der Kernkraft, aber erst 2034. Und Italien verzichtet auf den Bau neuer Meiler, nicht jedoch auf den Betrieb der bestehenden. Frankreich, Großbritannien, Polen oder Finnland setzen weiterhin auf diese kohlendioxidfreie Stromerzeugung.

Richtig ist: In den alten Industrieländern hat Fukushima dem Ausbau der regenerativen Energiequellen neuen Schwung gegeben. Aber weltweit, vor allem im Asien-Pazifik-Raum, hält der Kernkraft-Boom an. Das mag man bedauern. Aber Fakten bleiben Fakten.

SUPERillu Nr. 12 vom 16.03.2012



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