16.09.2009

Die Kuba-Koalition

Patt nach der Wahl: Weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün können regieren.
Was tun?

Hugo Müller-Vogg, Bild-Kolumnist und Ex-FAZ-Mitherausgeber,
zufolge kommt es zur Neuauflage der großen Koalition, die aber nur von
kurzer Lebensdauer ist. Der Grund: Mephisto Schröder flüstert dem braven
Steinmeier eine Woche nach der Schlappe der SPD (30,1 Prozent)
Ypsilantisches, weil Wortbrüchiges ein. Er soll bei passender
Gelegenheit "springen" und zwar: "Schröder (lacht laut): Nach Kuba
natürlich. Steinmeier: Ist das dein Ernst: Wir sollen es mit Grünen und
Linkspartei probieren? Eine Kuba-Koalition?" Parbleu! Der SPD bleibe
nicht anderes übrig, so Schröder; der "feixende" Lafontaine geht nun -
so der Deal mit Müntefering - als Landesfürst ins Saarland und macht den
Weg frei für Gysi (Innenminister), Maurer (Wirtschaft), Pau (Frauen,
Familie, Gleichstellung) und Lötzsch (Verkehr, Wohnungsbau, Ausbau Ost).

Die SPD gibt in den Ländern Saarland, Thüringen, Brandenburg den kleinen
Regierungspartner der Linken. Die Grünen machen alles willig mit, was
ihnen Lafontaine & Münte klandestin vorschlagen. Merkel zieht sich,
nachdem sie am 25. November 2010 durch ein konstruktives
Misstrauensvotum abgewählt worden ist, aus der Politik zurück.
Westerwelles Partei (2009: 11,4 Prozent) spielt im Skript keine Rolle
mehr.

Rot-Rot-Grün vereinbaren: Die Finanzmärkte werden stärker reguliert; die
Kartellgesetze verschärft; wirtschaftliche Macht wird dezentralisiert;
die Interessen der Allgemeinheit haben Vorrang vor "den
Gewinnerwartungen privater Akteure". Der Spitzensteuersatz steigt auf 45
Prozent, die Vermögenssteuer wird wieder eingeführt, Steuerhinterziehung
stärker bestraft, das Ehegattensplitting eingeschränkt. Umweltpolitisch
gilt: "Raus aus der Kernkraft, ran an die Sonne"; ab 1. Januar 2011 gilt
ein Mindestlohn (zunächst 7,50, später 10 Euro), das "Recht auf Arbeit"
wird im Grundgesetz verankert, was FDP-Brüderle an die DDR-Verfassung
gemahnt. Neben der "Zwangsrente für alle" gibt es eine "sozialistische
Einheitskasse alias Bürgerversicherung": die "Zwangs-AOK". Deutschland
bleibt zwar in der Nato, geht jedoch auf "Äquidistanz zu Washington und
Moskau", wobei Russland als gleichberechtigter strategischer Partner und
"Verbündeter bei der Lösung fast aller Probleme dieser Welt" betrachtet
wird. Die Wehrpflicht wird abgeschafft und spätestens 2012 soll das
Engagement in Afghanistan beendet sein.

Müller-Voggs Vorwort datiert vom Januar. Derzeit wäre die SPD über 30
Prozent wohl heilfroh. Gregor Gysi versicherte übrigens im März
glaubhaft, er denke nicht daran, deutscher "Oberbulle" zu werden.

Aus: Sueddeutsche Zeitung vom 16.09.2009


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